Sonntag, 7. Oktober 2018

26.07.18 - 18.08.18

Auch an diesem Morgen ließ ich mir Zeit um mit Stephan noch in Mostar zu frühstücken. Gegen Mittag schwang ich mich wieder auf meinen Drahtesel um in die Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas zu fahren. Es lagen 165km und 3630 Höhenmeter zwischen mir und Sarajevo. Mostar liegt in einem Kessel und ist nur 60 m über dem Meeresspiegel. Daher muss man, egal in welche Himmelsrichtung, erstmal bergauf. Es war heißer und steiler als ich vermutet hatte. Ich musste wirklich alles geben, um den Berg hochzukommen. Hier fuhr ich auch das erste Mal an den Schildern vorbei, die auf Landminen hinweisen. Die Minen sind ein Überbleibsel vom Krieg und wurden noch nicht alle geräumt. Die Schilder waren ständiger Begleiter bis ich Bosnien und Herzegowina verließ.



Es war schon später Nachmittag, als ich eine Verschnaufpause einlegte und ein kleiner, alter Opel Corsa neben mir hielt. Es saßen drei Leute in meinem Alter drinnen, die mich fragten, ob ich nicht auf einen Saft vorbeikommen wolle. Sie wohnten hinter dem ersten Pass und da meine Motivation und Energie sowieso am Ende waren, sagte ich natürlich zu. Den Pass, den ich dort überwunden hatte ist auch eine Klimagrenze. Während es auf der Seite auf der ich hoch fuhr unglaublich heiß war, war es auf der anderen Seite windig und fast schon frisch.
Das Haus war leicht zu finden, da es dort nicht viele Häuser gab. Es ist eine Anlaufstelle für Wanderer und Radfahrer, die in den Bergen unterwegs sind. Es gibt viele Zimmer mit Stockbetten und normalerweise buchen sich hier auch Gruppen ein. Für mich gab es zur Begrüßung keinen Saft, sondern eine leckere Quiche. Es leben drei junge Leute in diesem Haus. Sie zahlen eine geringe Miete und leben von dem Geld, was die Leute bezahlen um dort zu nächtigen. Wir verbrachten den Abend gemeinsam mit trinken und schwatzen.
Es folgten noch drei weitere Tage bis nach Sarajevo. Das Wetter schlug um und es regnete immer wieder, mal mehr mal weniger. Da sich aber die Sonne immer wieder mal zeigte, war es halb so wild und es machte sogar Spaß durch den Regen zu fahren. Zudem wurde ich ständig mit schönen Ausblicken belohnt.

So schlängelte sich die Straße von Mostar auf über 1000 Höhenmeter. Links im Tal kann man noch den Fluss Neretva erahnen, der die Stadt Mostar teilt.

Das Dorm. Das rechte Haus ist vor langer Zeit abgebrannt und es wurde das heutige Dorm errichtet.

Bergauf, allerdings mit einer super Straße und sehr wenigen Autos.

Zum Zeitvertreib werden auch mal Quatsch-Bilder gemacht.

Diese zwei Hunde sind mir ca. eine Stunde gefolgt. Sie haben angehalten, wenn ich angehalten habe und sind weitergelaufen, wenn ich weitergefahren bin. Hatte mich schon gefreut neue Weggefährten zu haben, bis sie plötzlich nicht mehr zu sehen waren.

Ich fuhr einige Zeit am Neretva entlang.

Mein Nachtlager am Neretva. Hier gönnte ich mir noch ein eiskaltes Bad.

Und es geht weiter bergauf…

Kurz vor einem starken Regenschauer fand ich ein Dach über dem Kopf.

Die Straßen sind oft nicht asphaltiert.

Ein Baum.

Keine Ahnung, was der schöne Schmetterling auf meiner verschwitzten Mütze wollte.

Hier hat mich die Form des Gesteins mit den Wolken im Hintergrund fasziniert.

Fast auf dem höchsten Punkt meiner Route. Ca.1600 m ü. M.

Dieses Bild entstand nach dem stärksten Regen innerhalb der drei Tage. Allerdings kam der Regen zum richtigen Augenblick, da es ab diesem Punkt hauptsächlich bergab ging. Ich machte kurz davor eine Pause bei strahlend blauem Himmel, doch das Wetter schlug in kürzester Zeit um. Während es aus allen Eimern schüttete, fuhr ein kleiner Bus an mir vorbei und drehte wieder um. Ich war sehr verwirrt, da dieser Bus schon bei meiner Pause an mir vorbeigefahren war. Als wir fast auf gleicher Höhe waren, streckte eine Hand zwei Bananen aus dem Fenster. Die Hand gehörte einem jungen Bosnier, der mit seiner Freundin in den Bergen übernachten wollte. Wir unterhielten uns kurz und ich bedankte mich für die Bananen.

With positive vibes, guter Musik und zwei Bananen mehr im Gepäck ging es weiter bergab.

Vorsicht! Kuh auf der Fahrbahn!

Diese Schäferhündin beobachtete mich ganz genau während ich am Morgen meine Sachen zusammenpackte.

Sie war aber ganz nett und ließ sich sogar noch zu einem Foto überreden.

In Sarajevo schlief ich nicht direkt in der Stadt, sondern auf einer Art Campingplatz von Selim. Selim bietet seinen Garten bei Warmshowers an. Es ist ein Projekt namens “Camp by Tent”. Hier erfüllt er sich einen kleinen Lebenstraum. Das Grundstück mit im Bau stehenden Haus hat er von seiner Mutter geerbt. Seit einem Jahr baut er Stück für Stück ein Camp für Radfahrer auf. Da er eine Familie hat und sein erarbeitetes Geld nicht in das Projekt stecken kann, zahlt man hier 3 Euro pro Nacht und ab der dritten Nacht ist es kostenlos. Alles Geld was er hier einnimmt, wird wieder in das Projekt gesteckt. Hier lernte ich auch drei andere Radfahrer/innen kennen. Peiyi aus Taiwan, Felix aus Frankreich und Thomas  aus England.
Obwohl Sarajevo eine sehr interessante Stadt ist, verbrachte ich nicht allzu lange hier und wollte nach einer sogenannten “Free City Tour” Sarajevo verlassen. Diese Touren werden mittlerweile in einigen größeren Städten angeboten. Wie der Name schon sagt, sind sie kostenlos bzw. nur auf Spendenbasis. Es war sehr interessant, da der Tourguide ein Zeitzeuge aus dem dreijährigen Krieg war. Er erzählte, was er als 11 Jähriger erlebte, als Sarajevo von den Serben eingekesselt war.
Nach der eindrücklichen Stadtführung war es dann auch schon relativ spät und ich fuhr aus der Stadt um einen Platz für mein Zelt zu finden. Es wurde immer dunkler und es schien auch ein Gewitter aufzuziehen. Nach einer frustrierenden Suche fuhr ich wieder in die Stadt und musste mir für eine Nacht ein Hostel nehmen.

Frühstück mit Peiyi.

Von links Selim der Besitzer, Peiyi, Felix, Thomas.

Kurz vor der Weiterfahrt wurde noch ein Erinnerungsfoto geschossen.

Und noch eines.

Nach zwei nicht so spaßigen Tagen erreichte ich die Grenze nach Montenegro. Entweder war es unglaublich heiß oder es regnete. Somit sahen die Wege auch nicht mehr allzu einladend aus. Hier hatte ich auch meine erste Begegnung mit einem aggressiven Wildhund. Doch durch Rumfuchteln mit einem Stock und lautem Rufen konnte ich ihn verjagen.

Viel gibt es dazu nicht zu sagen… :D

Zudem war es auch unglaublich steil.

In Montenegro angekommen wurde es immer bergiger, aber auch schöner. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Montenegro ist für mich bis jetzt das anstrengendste Land zum Radfahren, aber von der Natur auch das schönste. Ich fuhr eine kaum befahrene Straße durch kleine Dörfer. Die Straße ging hoch und runter und schlängelte sich durch die Natur.

Die Tara. Ein sehr wichtiger Fluss für Montenegro. Rafting wird hier ganz groß geschrieben und ist eine Attraktion, die viele Touristen aber auch Einheimische anzieht.

Dieses Motiv hat mir einfach gut gefallen. Entdeckt habe ich es in einem Garten.

Ein atemberaubender Ausblick. Bei einem kleinen Dorf namens Vuczje Seliješte.

Und somit errichtete ich auch mein Nachtlager so, dass ich den Ausblick beim Kochen und Essen genießen konnte.

Der Morgen war dann nicht ganz so entspannt, da eine Horde Kühe plötzlich durch die Büsche krachte.


Ich erreichte den Durmitor Nationalpark bei Zabljak am Abend den 04.08.
Hier schlug ich mein Zelt für vier Tage auf einem Campingplatz auf. Der Nationalpark ist mehr als empfehlenswert, wenn man Interesse am Wandern hat. Die Wanderungen sind teilweise sehr anstrengend. Ich machte kleine und große Tagesausflüge: An den Black Lake, auf den höchsten Berg Montenegros namens Bobatov Kuk, zu einem Aussichtspunkt bei dem man auf den Canyon der Tara schauen kann und hatte einen erholsamen Tag im Wald. Die Wanderung zum Bobatov Kuk war sehr anstrengend und ich hatte am nächsten Tag einen unglaublichen Muskelkater. Doch es hatte sich gelohnt. Auch der Ausflug zum Aussichtspunkt war super. Allerdings enttäuschte mich der Aussichtspunkt etwas, doch auf dem Weg lernte ich eine Familie kennen, die vor über zehn Jahren nach Deutschland ausgewandert ist und hier im Elternhaus Urlaub machte. Nachdem sie mir den Weg erklärten wurde ich zu Kaffee und Essen eingeladen. Es war eine schöne Begegnung. Die Gastfreundschaft war wieder unglaublich und so verabschiedete ich mich nicht nur satt, sondern mit Obst, selber gesammeltem und gemachtem Blaubeersaft und geschmierten Vesperbroten für die Rückfahrt. Obwohl die Rückfahrt nur eine Stunde dauerte.

Mit dem Sonnenaufgang ging es los zum Bobatov Kuk.

Der Start der Wanderung, der Berg im Hintergrund ist allerdings nicht der Bobatov Kuk.

Aussicht vom Gipfel.

Noch ein Ausblick.

Zweites Frühstück auf 2523 m ü. M.

Man trifft immer wieder auf kleine verlassene Hütten.

Auf dem Rückweg kommt man bei einer Eishöhle vorbei. Draußen hat es ca. 25C°,
in der Höhle ist es dagegen wortwörtlich eiskalt.

Der Black Lake (Crno Jezero)

Der Canyon.

Ein Bild mit der deutsch/montenegrinischen Familie.

Nach super Tagen im Durmitor fuhr ich zwei Tage in den Biogradska Gora Nationalpark.
Mojkovac ist eine Stadt in der Nähe des Biogradska Gora. Hier lernte ich Milija, seine Frau und seinen Nachbarn Miljan kennen. Das ältere Ehepaar hat außerhalb der Stadt einen Garten mit Gemüsebeeten, Hühnern und Puten. Ich durfte in ihrem Gartenhaus übernachten und mir ein leckeres Mahl aus eigenen Kartoffeln, Zwiebeln und Eiern zubereiten. Zudem wurde ich von Miljan am Abend zu ihm nach Hause eingeladen.

Vor Milijas Gartenhaus.

Bei Miljan Zuhause.

Im Biogradska Gora Nationalpark regnete es viel und meine Stimmung erreichte einen Tiefpunkt. Ich hatte das erste Mal auf meiner Reise so richtiges Heimweh und vermisste meine Familie und Freunde sehr. Ich habe in der letzen Zeit gemerkt, wenn so etwas auftritt, brauche ich einen Tapetenwechsel. Also fuhr ich nach zwei Nächten in Richtung Hauptstadt.
Es wurde eine sehr interessante Fahrt: In Montenegro wird gerade eine große Autobahn von Norden nach Süden gebaut. Bis ich die Baustelle durchquert hatte dauerte es eine Stunde. Die Straßen waren durch die vielen LKWs und Baustellenfahrzeuge miserabel. Trotzdem machte es Spaß zwischen den LKWs, Baggern, normalen Autos, Kleinbussen und Baustellenstaub herumzufahren. Doch es irritierte mich, dass überall chinesische Schriftzeichen und Chinesen waren. Als der Verkehr sich etwas beruhigt hatte, erkundigte ich mich bei einem Mann, der ein Ingenieur aus Serbien war. Er erzählte mir, dass die Chinesen Mitarbeiter einer chinesischen Baufirma sind. Auf meine Frage, wieso eine chinesische Firma diese Autobahn baut, antwortete er, dass er es nicht wisse, aber davon ausgeht, dass die Baufirma der günstigste Anbieter ist.
So sehr diese Fahrt auch Spaß machte, kam ich trotzdem ins Grübeln. Ich finde es erschreckend, dass eine chinesische Firma in Europa eine Autobahn baut. Zudem ist es glaube ich auch für die dort wohnenden Menschen eine sehr anstrengende Dauerbelastung. Die Baustelle und somit die zukünftige Autobahn führt nämlich durch kleine Dörfer und an ihnen vorbei. Der ganze Baustellenverkehr rauscht an schönen Gärten und Häusern vorbei. Auch der Staub muss eine unglaubliche Belastung sein. Auf meinem ganzen Fahrrad,meinen Klamotten und auf meiner Brille lagerte sich der Baustellenstaub ab. Als ich etwas außerhalb der Hauptbaustelle war, hielt ich an um Bilder zu machen.

Ein Haus mit Garten, im Hintergrund wird die Autobahn errichtet. Es gab noch bessere Beispiele, doch dort konnte ich wegen dem vielen Verkehr nicht anhalten.

Natürlich bleiben auch die Friedhöfe nicht verschont.

Es gab mehrere dieser Camps, in denen die Bauarbeiter leben und mit den Kleinbussen zur Baustelle gefahren werden.

Ein Eingangstor zu einem Camp.

Die restliche Fahrt ging viel bergab. Zudem war es einer meiner spaßigsten Abfahrten und die Natur zeigte sich im Zusammenspiel mit der tiefstehenden Sonne von ihrer besten Seite.

Nach steilen Serpentinen konnte ich es auf frisch asphaltierten Straßen laufen lassen.

Leider etwas überbelichtet.


In Podgorica blieb ich nur eine Nacht um am nächsten Tag weiterzufahren. Ich bekam von einem australischen Pärchen eine Empfehlung für einen schönen Campingplatz in Stari Bar, an der Küste von Montenegro. Da ich mich am 23. August mit meinem  Schwesterherz (Svea) in Tirana (Albanien) treffen wollte, hatte ich noch viel Zeit. Umso mehr freue ich mich auf dem Campingplatz sehr tolle Begegnungen gemacht zu haben, unter anderem mit einem Pärchen vom Chiemsee. Mit Anna und Felix hatte ich zwei grandiose Tage. Manchmal trifft man einfach auf Menschen mit denen die Chemie stimmt, als würde man sich schon seit Jahren kennen. Selbst andere Campinggäste dachten, dass wir schon lange befreundet wären und uns  verabredet hätten.

Auf ein Käffchen mit Felix und Anna in Stari Bar.

Am 18.08. und somit Tag 78 meiner Reise schlug ich das erste Mal mein Zelt auf albanischem Boden auf. Albanien ist das siebte Land.
Manche von euch fragen sich bestimmt, was ich denn die ganze Zeit esse um nicht noch dünner zu werden. Also ich esse auf jeden Fall die ganze Zeit, ich habe ständig Hunger und meistens esse ich etwas simples, aber es erfüllt mich mit unglaublicher Freude.
Meistens frühstücke ich Müsli mit jeder Menge Obst.
Über den Tag gibt es noch mehr Obst und Brot mit Marmelade, Honig oder Ajvar (Paprika, Aubergine, Tomaten, Knoblauch - Aufstrich) Allerdings vermisse ich das gute deutsche Brot. :D
Am Abend wird immer ein ganzer Topf voll gekocht. Je nach Einkaufsmöglichkeiten gibt es Reis, Linsen, Nudeln, Polenta, Soja Granulat oder Couscous mit jeglicher Art von Gemüse.

Das erste mal Kochen in Albanien.

Der Text hört diesmal in Shkodra auf. Allerdings sind die Angaben bis Tirana.
Strecke: 3285km, Höhenmeter: 27400m, Zeit: 210h

Ich erlebe gerade sehr viel und finde wenig Zeit den Text weiterzuschreiben. Daher kann es sein, dass ihr längere Zeit nichts von mir hört.